Die nachfolgenden Informationen stammen aus einem umfangreichen Beitrag mit dem Thema
„Brandverhütung bei Selbsterhitzung von Futterstoffen“.
Quelle: Kreisfeuerwehrverband Neu-Ulm
Praktische Anleitung in der Reihenfolge der Verrichtungen
1. Temperaturteststellung mit geeigneten Heumeßsonden
Sehr geeignet sind Heumesssonden mit Quecksilberthermometer. Feststellung der Temperatur besonders an den verdichteten Stellen des Heustockes (Abwurfstellen, Gebläseauswurfstellen etc.) Sei der Messung Heumesssonde zunächst möglichst tief bis zum Boden oder den Seitenwänden einstoßen. Heumesssonde nach einigen Minuten herausziehen und dabei durch die Hand gleiten lassen und dadurch die heißeste Stelle ermitteln. Heumesssonde nochmals so einstoßen, dass das Quecksilberthermometer in die heißeste Schicht des Heustockes zu liegen kommt. Niemals auf fremde Angaben und Messungen vertrauen. Verlass ist nur auf die eigene Gewissenhaftigkeit.
2. Heranziehung der Feuerwehr
Bei Temperaturen über 70 C Feuerwehrkommandanten oder zuständiges Mitglied der Feuerwehr heranziehen. Bereitstellung eines Trockenfeuerlöschers. Bei Temperaturen über 95 C oder wenn der Verdacht auf Glutherde, besonders bei schon längerer Lagerdauer besteht, Bereitstellung eines Tanklöschfahrzeuges oder einer Motorspritze oder eines Hydrantenanschlusses oder dgl. An das Tanklöschfahrzeug etc. 1 oder 2 nach Vorschrift eingebrachte Rohrsonden sicherheitshalber vorsorglich anschließen, damit notfalls der Brandherd von innen erfasst werden kann. Feuerwehr kann in der Regel bald abrücken, weil die kritische Lage nur kurze Zeit dauert und der Erfolg sich rasch abzeichnet.
3. Gebrauchsfertigmachen des Gebläses
Überzeugen, ob Gebläse fremdkörperfrei ist. Verteilerkopf an der Saugseite des Gebläses aufdrehen (nicht aufdrücken), dabei Schauglas nach oben.
4. Überprüfung der Stromanschlussverhältnisse
Spannung: 380 V Drehstrom. Mindestabsicherung: 10 Amp. träge oder 15 Amp. flink. Steckerauswechselungen nur durch den Fachmann vornehmen lassen. (Zur Vermeidung von Auswechselungen empfiehlt sich die Beschaffung von kurzen Kabelzwischenstücken mit gegendüblichen Steckern). Auf Erdung achten. Mit Prüfstift überzeugen, dass das Gerät nicht unter Strom steht.
5. Probelauf Wendeschalter nach links oder rechts einstellen.
Dann kurz Strom einschalten bei geschlossenen Klappen des Verteilers. Laufrichtung feststellen. (Pfeil an Gebläse gibt richtige Laufrichtung an). Wenn nötig, Laufrichtung ändern: Strom abschalten, Gebläse auf alle Fälle zum Stillstand bringen. Dann Wendeschalter in entgegengesetzte Stellung bringen. Erst dann wieder Strom einschalten.
6. Wahl des Standortes für das Gebläse
Bei Behandlung von oben Gebläse möglichst seitlich vom Erhitzungskern am zugängigen Rand des Heustockes aufstellen. Bei Behandlung von der Seite, Gebläse möglichst auf Gummiwagen aufstellen. Gebläse immer waagrecht halten durch geeignete Unterlagen.
7. Vorlochen
Vorlocher bei Behandlung von oben möglichst senkrecht einstoßen. Vorlocher bei Behandlung von der Seite etwas schräg abwärts einstoßen, damit das Einlaufen von Wasser möglich ist. Gasablasshahn des Vorlochers beim Einstich offen lassen. Überzeugen, ob Gase entweichen. (Geruchsprobe: brandig?) Bei Gasaustritt oder Qualmaustritt und / oder Temperaturen von 85 bis 100 Celsius über den Vorlocher Wasser einbringen 1/2 bis 2 Kanister).
8. Vorlocher entfernen
Vorlocher herausziehen und dabei durch kreisende Bewegung den Hohlraum mit den verstärkten Muffen etwas erweitern.
9. Rohrsonden einbringen
Rohrsonden mit geschlossener Klappe in den durch den Vorlocher erzeugten Hohlraum unter hin- und herdrehender Bewegung einführen.
10. Abstand der Rohrsonden untereinander
Rohrsondenabstand 80 bis 100 cm. Rohrsondenanordnung nach örtlicher Gegebenheit (Dreieckverband, kreisförmige Anordnung, Linie etc.).
11. Sicherung des Vorlochers und des Heustockthermometers bei Nichtgebrauch
Bei Nichtgebrauch Vorlocher und Heustockthermometer zur Vermeidung von Unfällen immer in Heustock einstoßen.
12. Verbindung von Gebläse und Rohrsonden
Klappen im Verteilerkopf geschlossen lassen. Spiralschläuche an Verteilerkopf und Rohrsonden ankuppeln.
13. Aufsetzen der Wasserbehälter (Kanister) auf die Rohrsonden und Anbringung von Notzugleinen ab 90 C Celsius
Gefüllte Wasserbehälter mit geschlossenen Wasserhähnen aufsetzen. Eventuell Notzugleinen anbringen. Klappen in den Rohrsonden öffnen.
14. Ableitung des entstehenden Dampfgemisches
Rohre von Gebläsehäckslern oder Ofenrohre oder dgl. über den Druckstutzen des Gebläses stülpen und so die Dämpfe in das Freie leiten. Häufig erleichert ein Rohrbogen dieses Vorhaben.
15. Entfernung unbeteiligter Personen
Unbeteiligte Personen aus der Umgebung des Gerätes verweisen.
16. Inbetriebsetzen des Gerätes
Grundsatz: Zuerst Absaugen. Einschalten des Motors. Dabei seitwärts treten. Bei Temperaturen über 85 Grad C in die Rohrsonden des Haupterhitzungsbereiches Wasser tröpfeln lassen. (Nur tröpfeln, keinen Strahl. Die Tropfen sollen im Saugstrom zerstäuben, damit eine Funkenlöschstrecke entsteht). Klappen am Verteilerkopf einzeln und langsam nacheinander öffnen. Durch das Schauglas im Verteilerkopf beobachten, ob sich Funkenflug bemerkbar macht. Das Schauglas beschlägt sich mit Wasserdampf, wenn die Tropfenzerstäubung funktioniert und wenn die Absaugung der Dämpfe wirksam wird. Notzugleinen gebrauchsbereit in Händen einer Hilfskraft.
17. Einstellung der Wassereintröpfelung
Nach Öffnung aller Klappen am Verteilerkopf die Wasserhähne an den Wasserbehältern nach kurzer Zeit schließen.
18. Beobachtung des Verlaufes
Bei Austritt eines Dampfgemisches ohne Bedenken weiterbehandeln. Bei Austritt von heißen, trockenen Gasen das Gebläse abschalten und in die Rohrsonden hauptsächlich des Haupterhitzungsbereiches nochmals Wasser einlaufen lassen. Ein paar Minuten warten, damit sich im Innern des Heustocks Dampf entwickeln kann. Dann wieder einschalten und für kurze Zeit Wasser eintröpfeln lassen in eine oder zwei Sonden des Haupterhitzungsbereiches. Beachte dazu Ziffer 28 bis 30.
19. Feststellung des Behandlungsfortschrittes
Rohrsonden von Zeit zu Zeit befühlen. Eventuell erkaltete Rohrsonden herausnehmen und in den Haupterhitzungsbereich einbringen.
20. Umstellung auf Belüftung
Nach Absenkung der Temperatur auf 45 bis 60 C kann auf Belüftung umgestellt werden. Bei niedrigen Anfangstemperaturen von 70 C und darunter auf alle Fälle einige Stunden absaugen. Erst dann auf Belüftung umstellen. Abnahme des Verteilertopfes in drehender Bewegung vom Saugstutzen des Gebläses und aufdrehen auf dessen Druckstutzen.
21. Temperaturverlauf bei der Belüftung
Beim Belüften auftretende höhere Temperaturen sind Folgen des Ausgleiches des Wärmepotentials. Beim Belüften kühlt der Heustock von innen her aus. Die Restwärme wälzt unter, Kondenserscheinungen an die Außenflächen.
22. Beendigung der Behandlung
Nach Absenkung der Temperatur auf 20 bis 30 Grad C kann die Behandlung abgeschlossen werden. Zweckmäßig soll man jedoch lieber einige Stunden länger belüften als unbedingt erforderlich erscheint. Dies gilt besonders für Getreide im Stroh und für durchwachsenes Stroh.
23. Temperaturkontrollen nach der Behandlung
Temperaturverlauf in den nächsten 4 bis 6 Wochen durch öfters Messungen kontrollieren. Der Betriebsleiter ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er zur Temperaturüberwachung auch nach der Behandlung verpflichtet bleibt. Temperaturanstiege bis 65 C können sich einstellen, ohne dass deswegen eine Nachbehandlung erforderlich wird. Hafer mit Klee-Einsaat neigt zu Nacherhitzungen und bedarf aufmerksamer Beobachtung des Temperaturverlaufes. Fast regelmäßig muss mit Nacherhitzungen gerechnet werden, bei Heustöcken, die auf Unterdachtrocknungsanlagen lagern. Bei Nacherhitzungen über 65 C kann auf Nachbehandlung allgemein nicht verzichtet werden.
24. Nachfüllungen auf den behandelten Futterstock
Bevor auf den behandelten Futterstock nachgefüllt wird, muss die etwa vorhandene Kondensschicht abgeräumt werden. Bei Futterstöcken mit hohem Wassergehalt (Anzeichen glitschige Rohrsonden beim Herausziehen) Nachfüllung möglichst vermeiden.
25. Termperaturfeststellungen in anstoßenden Heuvierteln
In anstoßenden Heuvierteln stellt man die Temperatur zweckmäßig vor Beginn der Behandlung des erhitzten Heustockes fest. Spätere Feststellungen ergeben unsichere Resultate wegen der Verteilung des Wärmepotentials. Es sind alle Futterstöcke in der Scheune auf Temperatur zu kontrollieren.
26. Besonderheiten der Behandlung bei vorhandener Unterdachtrocknungsanlage
Bei Unterdachtrocknungsanlagen mit waagrechten Luftkanälen und Bodenrosten kann falsche Luftführung in den Rohrsonden eintreten. Deswegen bei Behandlung vor, oben die Rohrsonden links und rechts in etwa 1 Meter seitlichem Abstand vom Luftkanal einbringen und 1 Meter über dem Bodenrost enden lassen. Bei Behandlung von der Seite Rohrsonden ebenfalls mindestens 1 Meter über dem Bodenrost einbringen. Bei Unterdachtrocknungsanlagen mit senkrechtem Luftführungsschacht (Zentralrohr) Rohrsonden kreisförmig um den Schacht anordnen und in der Mitte zwischen Schacht und Außenfläche einbringen. Wegen des hohen Wassergehaltes des stark vorgewelkten Grüngutes sind Nacherhitzungen fast unvermeidlich. Deswegen, wenn möglich, das Gerät an Ort und Stelle lassen und bei Temperaturanstieg über 65 bis 70 Grad C nachbehandeln.
27. Pflege des Gerätes
Aus Gebläse, Rohrsonden und Vorlocher Rückstände entfernen, von Rohrsonden nach jedem Einsatz den Rost entfernen und zweckmäßigerweise mit Melkfett einreiben. Vorlochermesser möglichst nach jedem Einsatz schärfen. Unbrauchbar gewordene Messer mit Schneidkegel ersetzen. (Sie werden zum Selbstkostenpreis geliefert). Keilriemen nachsehen und evtll. ersetzen. Etwaige Verunreinigungen aus dem Mantel des Elektromotors entfernen.
28. Bisher wurden uns aus Bayern etwa 250 Fälle von Heustocküberhitzungen zur Kenntnis gebracht, bei denen Glutherde vorhanden waren, die erst während der Behandlung mit dem „Heuwehrgerät“ offenbar wurden. In allen Fällen lag die Anfangstemperatur nahe 100 C bis zu 130 C. Es traten dabei folgende Merkmale auf:
1. Statt einer Absenkung der Temperatur im ersten Abschnitt des Absaugens trat ein starker Temperaturanstieg ein.
2. Es traten keine nassen Dämpfe aus.
3. Es traten dagegen heiße Gase und weißer, trockener Qualm aus (vergleichbar dem Qualm, der bei der Verbrennungen von Heu, Kartoffelkraut, Unkraut oder Laub in Erscheinung tritt). Während durch nasse Dämpfe bis 100 Grad C die mit 160 Grad C vulkanisierten Spiraldrahtgummischläuche nicht angegriffen werden, löst sich bei heißen, trockenen Gasen über 100 Grad C der Belag mit zunehmender Temperatur in immer stärkerem Umfang auf.
4. Es verbreitet sich Geruch nach Gummi und Teer.
5. Schließlich verflüssigt sich der Belag der Spiraldrahtgummischläuche und die Dichtungen der Senden- und Schlauchkupplungen verschmoren. Die Abdichtung des Gebläsedeckels verliert an Wirksamkeit, so dass flüssiger Gummi am unteren Rand des Gebläsedeckels durchsickert. Die Innenwände des Gebläses und die Oberflächen des Flügelrades überziehen sich mit einer nicht mehr zu beseitigenden kautschukartigen Schicht.
6. Durch Temperaturen über 10011 C können die Wälzlagerfette auslaufen, wodurch die Wälzlager unbrauchbar werden.
29. Werden die vorbeschriebenen Erscheinungen wahrgenommen, dann ist es unerlässlich, die Rohrsonden als Löschsonden zu gebrauchen und den Heustock von innen heraus zu wässern. Dadurch wird nicht nur einem Branddurchbruch vorgebeugt, sondern es werden auch die unvermeidlichen Abtragungsarbeiten wesentlich erleichtert, gefahrloser und weniger gesundheitsschädlich. Auf diese Art und Weise konnten in allen anfangs erwähnten 150 Überhitzungsfällen Brände verhütet werden.
30. Die beste Brandverhütung ist der rechtzeitige Einsatz des Heuwehrgerätes. Denn das Heuwehrgerät ist als Abkühlgerät geschaffen und soll nur im äußersten Notfall zur Brandbekämpfung eingesetzt werden müssen.
Ihre Freiwillige Feuerwehr